Was tun, wenn ein Unternehmen Sie kontaktiert? Während einige bereits routinemäßig mit der Wirtschaft kooperieren, ist dies für viele andere absolutes Neuland. Und alles Neue ist mit Unsicherheiten verbunden. Zudem haben einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Vorbehalte, sich durch eventuelle Kooperationen in Ihrer Forschung beeinflussen oder einschränken zu lassen. Was passiert mit den Daten? Darf man gemeinschaftlich gewonnene Erkenntnisse für seine Veröffentlichungen nutzen? Und wo bekommt man eigentlich Hilfe und Antworten auf all diese Fragen? Durch diesen Blogbeitrag möchten wir gerne etwas Licht ins Dunkel bringen.
Wenn ein Unternehmen Kontakt aufnimmt, sollte man in einem ersten Schritt versuchen herauszuhören, was genau das Anliegen ist und ob sich daraus eine Win-Win-Situation generieren lässt. Vielleicht möchte das Unternehmen gemeinsam etwas entwickeln, das man so alleine gar nicht umsetzen könnte?
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Bei dem ersten Telefonat sollte man sich gut überlegen, was man selbst von sich und seiner Forschung (z.B. unveröffentlichte und laufende Forschungsprojekte) preisgeben möchte. Hat man den Eindruck, dass es sich um ein seriöses Unternehmen mit einem ernsthaften Anliegen handelt, empfiehlt es sich, ein erstes gemeinsames Treffen zu vereinbaren. Fühlen Sie sich unsicher, wie bei einem solchen Gespräch vorzugehen ist, empfiehlt sich eine Beratung durch die entsprechenden Einrichtungen der Universität (z.B. Wirtschaftskoordination, Technologietransfer).
Nächste Schritte
Ergibt sich in der Folge ein interessanter Ansatz für eine Zusammenarbeit oder eine mögliche Übernahme von Ergebnissen (Transfer), dann wird das Unternehmen sehr schnell mit Dokumenten winken, die so geheimnisvolle Abkürzungen wie „NDA“ und „CDA“ tragen. Diese Abkürzungen stehen für Non Disclosure Agreement und Confidential Disclosure Agreement und sind nichts anderes als rechtswirksame Geheimhaltungsvereinbarungen, die die gegenseitigen Interessen schützen sollen. Beide Parteien können dadurch frei untereinander über die Kooperationsmöglichkeiten bzw. die angestrebten Ergebnisse/Produkte sprechen, ohne befürchten zu müssen, eventuell wertvolles Wissen ohne Abfindung zu verlieren. Alle Informationen bleiben im geschützten Raum und dürfen nicht nach außen getragen werden.
Benötigt man als Universitätsangehörige oder -angehöriger ein solches Dokument, ist es immer ratsam, zuerst beim Rechtsamt (Universität Tübingen, Dez. I) oder beim Technologietransfer (Universität Tübingen, Dez. II) nachzufragen.
Formen der Kooperation
Wenn die ersten Gespräche zwischen dem Unternehmen und den Forschenden sehr produktiv ausgefallen sind und sich beide Parteien eine Zusammenarbeit vorstellen können, sollte über die verschiedenen Formen der Zusammenarbeit nachgedacht werden. Üblicherweise gibt es hier drei Möglichkeiten:
Bei einer Dienstleistungsvereinbarung beauftragt eine Partei die andere, eine Dienstleistung (z.B. eine wissenschaftliche Messung oder Untersuchung) zu erbringen. Häufig werden dabei alle entstehenden Kosten von der auftraggebenden Partei übernommen. Dafür erhält diese alle erstellten Daten und alle Rechte, die damit verbunden sind. Die auftragnehmende Partei wird entsprechend des entstandenen Aufwands entschädigt. Die Rechte an Erfindungen werden dabei meist gesondert geregelt.
Für eine wissenschaftliche Einrichtung klingt das vielleicht zunächst nicht so attraktiv, aber manchmal ist dies der erste Schritt, um mit einem Unternehmen in Kontakt zu kommen, damit danach z.B. Werkspraktika für Studierende, externe Bachelor- und Masterarbeiten sowie Kooperationen und/oder ein Personaltransfer etabliert werden können.
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Die zweite Variante ist etwas komplexer, denn bei einer Kooperation wollen beide Parteien zusammen etwas erforschen oder entwickeln. Dabei gibt jede Partei unter anderem Know How in das Projekt. Und damit muss geregelt werden, wer die Finanzierung trägt, wer die Strukturen stellt und wer wieviel Arbeitszeit einbringt. Da hier bereits Zeit, Ressourcen und Kapital investiert werden, gehen beide Parteien davon aus, dass es auch zu einem verwertbaren Ergebnis kommen wird. Und darum muss man sich auch Gedanken über eine gerechte Verwertung machen. Wenn ein gemeinsames Produkt entsteht und dieses verkauft werden soll, stellt sich die Frage, wer wieviel vom Erlös erhält. Wenn Patente entstehen, muss geklärt werden, welche Partei diese anmeldet, wer die Anfangs- und wer die Folgekosten trägt, wer über die Verbreitung entscheidet und die Länderauswahl trifft. Wem gehört das Patent und wer darf es wie nutzen oder sogar verwerten? Diese Fragen regelt der Vertragsabschnitt IP-Rechte, die sogenannten Intellectual Property Rights (Rechte am geistigen Eigentum). Bei diesen Vereinbarungen sollte berücksichtigt werden, dass das Bedürfnis, wissenschaftliche Ergebnisse möglichst schnell zu veröffentlichen, im Widerspruch dazu steht, Erfindungen durch Patente schützen zu wollen. Hier werden klare Absprachen benötigt, die beiden Bedürfnissen gerecht werden.
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Ähnlich komplex kann sich ein Transfervertrag gestalten, wenn es nicht nur einfach um einen Verkauf mit Einmalzahlung geht. Will man z.B. das zu transferierende Gut nicht völlig aus der Hand geben, sondern nur seine Nutzung nach Exklusivität, Regionalität und Dauer limitieren, eignet sich ein Lizenzvertrag. Hier sind alle möglichen Variationen denkbar, sowohl was die Nutzungsrechte als auch die Zahlungsmodalitäten angeht.
Eine spezielle Variante des Transfers zwischen Hochschulen und Unternehmen ist der Personaltransfer. Da Hochschulen hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausbilden, sind diese natürlich für Unternehmen sehr interessant und werden deswegen häufig direkt von der Hochschule weg akquiriert. In manchen Fachbereichen kann es zu kompetitiven Situationen kommen und Unternehmen versuchen daher frühzeitig auf sich aufmerksam zu machen. Dies kann neben den klassischen Recruitmentveranstaltungen von Unternehmen an Hochschulen auch z.B. durch Praktika für Studierende geschehen, aber auch durch ein Angebot für externe Bachelor- und Masterarbeiten.
Neben Personal können natürlich auch Materialien transferiert werden. Für diesen Vorgang gibt es MTAs (Material Transfer Agreements, Materialtransferabkommen). Dieser Mechanismus dient der Erleichterung des freien Transfers von urheberrechtlich geschützten Materialien und/oder Informationen zwischen Wissenschaftlern der eigenen Einrichtung und anderen Institutionen, unabhängig davon, ob es sich um gewinnorientierte oder gemeinnützige Einrichtungen handelt. Laut NIH (National Institute of Health, Bethesda, USA) werden MTAs dann verwendet, wenn die folgenden Umstände gegeben sind:
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Die zu übertragenden Forschungsmaterialien sind zumeist biologischer oder chemischer Natur. Ansonsten handelt es sich im Allgemeinen um materielle Forschungsergebnisse, die: (a) nicht kommerziell verfügbar sind; und (b) dem Empfänger zur Verfügung gestellt werden, um die Reproduktion, Vervielfältigung, Bewertung oder Bestätigung der Forschungsarbeit des Empfängers zu ermöglichen oder um den potenziellen kommerziellen Nutzen des Materials zu bewerten.
Und wer hilft weiter?
Beratung zum Thema Kontaktaufnahme und Kooperation mit Unternehmen: Wirtschaftskoordination (Dez. II, Abt. 3.1) und Technologietransfer (Dez. II Abt. 3.2)
Vertragliche Dokumente gibt’s bei: Rechtsabteilung (Dez. I) und Technologietransfer (Dez. II, Abt. 3.2)
Transferoptionen: Technologietransfer (Dez. II, Abt. 3.2)