Gerade haben wir uns an merkwürdige Begriffe wie Entrepreneurship gewöhnt, ohne zu wissen, wie man sie denn nun richtig ausspricht, da kommt uns schon der nächste verwandte Ausdruck entgegen: Intrapreneurship. Was war das nun gleich wieder?
Wir haben uns mal bei den Expertinnen und Experten der Stanford University USA und der Softwareschmiede Viima in Finnland umgetan und versuchen hier nun das Geheimnis des Intrapreneurships zu lüften.
Die westlichen Kulturen sind geprägt von marktwirtschaftlichem Denken und verdanken daher viele ihrer größten Erfolge den kreativen Unternehmerinnen und Unternehmern, die Risiken eingegangen sind und außergewöhnliche Neuerungen in die jeweilige Unternehmenslandschaft eingeführt haben. Moderne Ideen und originelles Denken haben an Popularität gewonnen und werden zunehmend in unserer Gesellschaft gefördert. KMUs, also kleine und mittlere Unternehmen, werden oft als das Epizentrum dieser Innovation angesehen, dabei besitzen auch etablierte größere Unternehmen ein ähnliches Entwicklungspotenzial. Diese müssen nur die richtigen Führungskräfte besitzen, die nach dem Unternehmergeist bei ihren Angestellten suchen, um deren Kreativität und Einfallsreichtum gezielt für das eigene Unternehmen zu nutzen. Dieses Phänomen wird als Intrapreneurship bezeichnet. Wobei Intrapreneurship ein Kunstbegriff bzw. Schachtelwort ist, das sich aus den Begriffen „Intracorporate“ und „Entrepreneurship“ zusammensetzt und im Deutschen auch gerne als Binnenunternehmertum bezeichnet wird.
Intrapreneurship: Ein starker Antrieb für Unternehmenswachstum
Laut Stanford Online USA sind Intrapreneure keine Gründerinnen und Gründer, die sich in einen umkämpften Markt stürzen und dort bestehen müssen, sondern sie sind eher die internen Unternehmerinnen und Unternehmer, die innerhalb der Strukturen eines etablierten Unternehmens Fortschritte vorantreiben. Sie sind die wuseligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens, die ständig nach Wegen suchen, um bestehende Arbeitsabläufe und deren Qualität, manchmal sogar das ganze Unternehmen zu verbessern. Sowohl im Unternehmertum als auch beim Intrapreneurship werden ähnliche Fähigkeiten gefordert, dazu zählen unter anderem Führungsqualitäten, Innovationsbegierde und Anpassungsfähigkeit. Während jedoch der Unternehmer als Kapitän sein Schiff durch jede Brandung steuert, befinden sich die Intrapreneure eher im geschützten Bauch desselben. Auch wenn der Geist der gleiche sein mag, sind Intrapreneure nicht gezwungen, das mit dem traditionellen Unternehmertum verbundene finanzielle Risiko einzugehen. Die Ideen von Intrapreneuren können Arbeitsabläufe und Arbeitsbedingungen verbessern unter der Voraussetzung, dass das Unternehmen das Risiko der Veränderung nicht scheut und diese Ideen sowohl fördert als auch umsetzt. Intrapreneure sind mitunter leidenschaftliche Menschen, die sich von ihren Ideen bis tief in die Nacht treiben lassen und in ihren Projekten mit Begeisterung aufgehen. Diese Menschen sind der Antrieb hinter den neuen und aufregenden Ideen, die das Potential haben, Branchen umzugestalten und manchmal auch zu revolutionieren.
Warum ist Intrapreneurship für Unternehmen wichtig?
Schaut man sich mal die aktuelle Liste der Fortune 500 Unternehmen an, dann fällt auf, dass 88% der Unternehmen aus den 1950er Jahren nicht mehr vertreten, aktiv oder relevant sind (INNOSIGHT, Richard N. Foster, Standard & Poor’s 2012). Häufig geht dies mit der Größe und der Unbeweglichkeit der Unternehmen einher. Gerne können wir uns wieder bei der Schifffahrt bedienen, wo es heißt, dass große Tanker keine Sportboote sind. Für unbewegliche große Unternehmen, die alles auf ihre Cash Cow setzen und dabei ihre Innovationsfähigkeit vernachlässigen oder sogar ignorieren, bedeutet dies fast immer das sichere „Aus“. Junge, kleine aufstrebende Unternehmen setzen dagegen fast zu 100% auf Innovation. Fusioniert man nun das große etablierte Unternehmen mit den jungen aufstrebenden Wilden, erhält man Intrapreneurship.
Wie Diana Porumboiu bereits 2021 im Viima Blog ausgeführt hat, ist es für Unternehmen (überlebens)wichtig, neue Wege zu finden, das eigene Wachstum durch Innovation voranzutreiben und zu erhalten, anstatt sich ausschließlich auf die Optimierung des bestehenden Geschäfts und die derzeitigen Erfolgsbereiche zu konzentrieren. Intrapreneurship kann dabei ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensinnovation sein. Doch wie findet man im eigenen Unternehmen, in der eigenen Organisation Menschen, die gerne ihren Innovationsdrang ausleben wollen? Hier lohnt es sich, auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu achten, die neugierig sind und häufig Fragen stellen, vielleicht hin und wieder auch schon mit Ideen um die Ecke kommen. Denn die großartigen Intrapreneure ergreifen häufig selbst die Initiative. Und wenn sie dann eine Führungsposition innehaben, dann nutzen sie häufig die Stellschrauben, um etwas im Unternehmen zu bewirken.
Üblicherweise sind Intrapreneure mit den Abläufen in den Unternehmen bestens vertraut und erkennen vielleicht noch Fallstricke und Probleme, die die Unternehmensleitung möglicherweise inzwischen übersieht. Wenn Intrapreneure mehr Verantwortung innerhalb des Unternehmens übernehmen, nutzen sie ihr Verständnis für die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Geschäftsabläufe, um nützliche und strategische Innovationen umzusetzen. Wird Intrapreneurship jedoch innerhalb der Unternehmen unterdrückt, indem ein nicht förderliches, restriktives Arbeitsumfeld geschaffen wird, in dem brillante Ideen nicht zum Vorschein kommen, kann es zu Kündigungen der Intrapreneure kommen, die dann womöglich ihr eigenes Unternehmen starten. Ein heutiges Unternehmen braucht diese Vordenkerinnen und Vordenker - sie sind entscheidend für Wachstum und Erfolg. Die Ermutigung zu neuen Ideen und Perspektiven ist für die Entwicklung eines Unternehmens unerlässlich. Innovative Pläne erleichtern den Wandel und versprechen ein reibungsloseres und effizienteres System innerhalb des Unternehmens. In der sich rasch wandelnden und innovativeren digitalen Welt zu überleben und relevant zu bleiben, ist so einfach wie die Förderung von Intrapreneurship.
Förderung der Innovationskultur in einem Unternehmen
Es sollte ein ureigenstes Interesse jedes Unternehmens sein, eine Kultur der Kreativität, der Innovation und des Ideenaustauschs zu fördern und den Mitarbeitenden die Chance zu geben, diese Kreativität leben zu dürfen. Der Austausch mit Angestellten und die entgegengebrachte Wertschätzung der eigenen gelebten Kreativität ist ein unglaublich starker Motivator, der dem Unternehmen wieder zu Gute kommt.
Der kulturelle Wandel im Unternehmen beginnt dabei immer an der Spitze mit den Führungskräften, die sich verpflichten, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Kultur des Intrapreneurships und der Innovation entstehen zu lassen. Laut Christian Köhler (The Alternative Board 2022) gibt es drei Dimensionen der Innovationskultur: 1) Das Können, sprich die Innovationsfähigkeit, 2) das Wollen, also die Innovationsbereitschaft und 3) das Dürfen oder die Innovationsmöglichkeit.
Für den Intrapreneur innerhalb eines Unternehmens bedeutet dies, dass sie bzw. er jederzeit sein kreatives Potenzial entfalten kann und dies auch gefördert wird. Dazu muss sie bzw. er motiviert sein und die Innovations- bzw. Intrapreuneurshipkultur auch leben wollen. Und wenn die Unternehmensführung der internen Innovationsschmiede genug Freiraum für Kreativität lässt und diese Intrapreneure kontinuierlich lernen und ihren Experimentaldrang umsetzen dürfen, entsteht eine enge Bindung zum Unternehmen und ein hoher Grad an Zufriedenheit.
Apple ist ein Beispiel, das eine Kultur des Intrapreneurship in der Praxis zeigt. Die beliebtesten Produkte des Unternehmens sind das Ergebnis einer Kultur, die Kreativität, Experimentierfreude und unternehmerisches Denken fördert (Deloitte White Paper on Intrapreneurship, 2015). Googles Initiative "20% Zeit" ist ein weiteres hervorragendes Beispiel für die Ermutigung durch das Unternehmen. Die Google-Ingenieure konzentrieren sich 20% ihres Arbeitstages auf ihre Lieblingsprojekte. Die Ergebnisse sind inzwischen bekannt: AdSense, Google Mail, Google Maps und Google Earth. Allerdings wurde diese Initiative inzwischen zugunsten einer mehr fokussierten Innovationsstrategie wieder aufgegeben, auch weil das interne Produktivitätsanalysesystem der 20% Zeit-Initiative zu kritisch gegenüberstand (hrzone, 2015).
Deloitte hat im Jahre 2015 ein Whitepaper als Leitfaden für Unternehmen herausgegeben, indem 5 Erkenntnisse formuliert werden:
1: Beim Intrapreneurship dreht sich alles um den Menschen und beschreibt einen Bottom-up-Ansatz, bei dem Innovationen intern entwickeln werden;
2: Intrapreneurship macht sich positiv bemerkbar beim Firmenwachstum, der Unternehmenskultur und bei der Mitarbeiterentwicklung;
3: Intrapreneure können nicht erschaffen werden, sondern müssen entdeckt und gefördert werden;
4: Intrapreneure kennen die Regeln und umgehen sie wirksam;
5: Intrapreneurship erfordert eine eigene Management-Struktur.
Die Schaffung einer Intrapreneurshipkultur innerhalb eines Unternehmens sollte das Ziel jeder Arbeitgeberin und jedes Arbeitgebers sein, der einen unternehmensweiten Erfolg anstrebt. Arbeitsplätze gedeihen, wenn sie ein Experimentierfeld für Intrapreneure sind, wenn die Arbeit für die Angestellten spannend ist und wenn sie mit Leidenschaft an ihren Projekten arbeiten können.
Schlussfolgerungen
Ist Intrapreneurship die ultimative Lösung für alle innovations-willige Unternehmen? Nein. Natürlich nicht. Es gibt viele andere Elemente, die ein Unternehmen innovativer machen, und Intrapreneurship ist nur eines davon. Wie Diana Porumboiu bereits im Viima Blog (2021) ausführt, ist Intrapreneurship in erster Linie eine Denkweise, die es den Angestellten ermöglicht, so zu denken und zu handeln, dass Innovationen gefördert und unterstützt werden. Wobei nicht vergessen werden sollte, dass die systematische Etablierung von Innovation als Teil der Unternehmenskultur Zeit braucht. Die Förderung von Intrapreneurship ist eine der Methoden, die den Innovationsbemühungen Auftrieb geben kann. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass es bei Intrapreneurship nicht nur um die heldenhaften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen sollte, die sich abmühen, kreative Ideen zum Leben zu erwecken. Intrapreneure müssen auf einer unternehmensweiten Ebene unterstützt werden, damit sie dauerhafte Ergebnisse erzielen können. Nur so kann daraus eine Erfolgsstory entstehen.